Jahrelang kannten die Umsätze der Bio-Branche nur eine Richtung: nach oben. In den letzten Monaten hat der Absatz von Bio-Lebensmitteln in Deutschland jedoch einen Dämpfer bekommen. Parallel verwischen Discounter mit ihrem Einstieg in den Bio-Markt die Grenzen der angestammten Reviere. In der Bio-Lebensmittelwirtschaft gibt es viel zu besprechen: Namhafte Entscheiderinnen und Entscheider treffen sich deshalb am 8. und 9. November 2023 bei den VI. Öko-Marketingtagen auf Schloss Kirchberg/Jagst. Das Thema der Tagung lautet in diesem Jahr: „Zeitenwende in der Bio-Branche – Neue Märkte, neue Strategien“. Interessierte können sich ab sofort anmelden.
„Bio gilt bei manchen jungen Menschen als unsexy und verstaubt“, sagt Anne Baumann (Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, AöL). „Klimathemen, regenerative Landwirtschaft o.ä. sind angesagt. Dass Bio ein Gesamtkonzept für eine zukunftsfähige Ernährung ist, das müssen wir klarer kommunizieren. Erst dann machen wir uns weniger austauschbar.“ Sie ist davon überzeugt, dass durch mehr Sichtbarkeit der Verarbeiterinnen und Verarbeiter sowie der Landwirtinnen und Landwirte, die Bio mit Herz und Verstand umsetzen, die Branche wieder greifbarer wird. „Weniger oligopole Strukturen im Handel. Diversität bei den Akteurinnen und Akteuren und eine ansteckende Überzeugungsfreude für unsere Themen“, sind in ihren Augen weitere Stellschrauben für eine bessere Zukunft der Branche.
Beim führenden Branchentreff der nationalen Bio-Szene geben sich die einflussreichen Akteure von Demeter, Bioland, Biokreis, Naturland und Ecoland auf der einen sowie der großen Handelsketten wie Aldi, Lidl und Edeka auf der anderen Seite die Klinke in die Hand. Sie diskutieren zusammen mit Rüdiger Kasch (Geschäftsleitung Alnatura) und Seraphine Wilhelm (Geschäftsleitung Marketing Rapunzel) über neue Trends und Best-Practice-Beispiele aus Erzeugung, Herstellung und Handel. Dr. Michaela Filipini (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) stellt das Bundesprogramm zur Förderung von Bio-Wertschöpfungsketten vor und Felix Schmidling (Franken-Gemüse Knoblauchsland) zeigt die Konzeption und praktische Umsetzung auf. Wie innovative Kommunikationsansätze entlang der Produktkette und in der Gesellschaft aussehen, legt Prof. Dr. Antje Risius (Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd) dar und Julius Palm (Leiter Strategie und Marke, Follow-food) erläutert, wie eine erfolgreiche Kommunikation von Bio-Mehrwerten funktionieren kann.
In parallelen Fachforen tauschen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darüber aus, wie Bio-Wertschöpfungsketten gefördert und aufgebaut werden können, welche Markenstrategien für Biowachstum Erfolg versprechend sind und was die Biobranche von Startups lernen kann. Außerdem sprechen sie über klimafreundliche Produkte aus Landwirtschaft und Handwerk, wie mehr Bio in Gemeinschaftsverpflegung gelingt und welche Bedeutung die Informationskampagne des Bundes hat.
Entscheiderinnen und Entscheider sprechen bei dem hochkarätig besetzten Branchenmeeting über strategische Partnerschaften und bauen ihre Netzwerke aus. Dabei gibt es nach wie vor viele Themen, die Insider bewegen: Dazu gehören der Einfluss der Inflation beim Einkauf von Rohwaren, bei der Logistik und bei der Energiebeschaffung sowie das geänderte Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher: Sie greifen zwar nach wie vor zu Biowaren, haben aber vor allem die Preise im Blick. Die dadurch ausgelöste Neuverteilung der Marktanteile macht vielen der wirtschaftlichen Akteure zu schaffen und erfordert eine geänderte Vermarktungsstrategie, um weiter zukunftsfähig bleiben zu können. Auf den Trend zu Bio-Lebensmitteln folgt nun die Tendenz zu deren klimafreundlicher Erzeugung, damit das Landwirtschafts- und Lebensmittelsystem auch weiterhin nachhaltig und ressourceneffizient bleibt.
Dazu gehört auch die regionale Vermarktung der europäischen Bio-Produkte und deren Mehrwert, über die Verena Kindinger (Bioland) und Dr. Karl Kempkens (Bundesministerium Ernährung und Landwirtschaft) sprechen werden. In einer Diskussionsrunde werden unter anderem Kathrin Jäckel (Geschäftsführung Bundesverband Naturkost Naturwaren), Wilhelm Heilmann (Geschäftsführer Naturland) und Alexander Liedke (Abteilungsleiter Lidl) die neuen Marktstrategien vertiefen. Gemeinsam denken die Referentinnen und Referenten darüber nach, wie eine erfolgreiche Transformation des Bio-Marktes gelingen kann.
In der „Zukunftswerkstatt Bio-Branche“ wird es zu verschiedenen Gesprächsthemen die Möglichkeiten zum Networking geben. Um Branchen-Neulingen und Nachwuchskräften eine Teilnahme an der Tagung zu ermöglichen, gibt es ein begrenztes Sonderkontingent an vergünstigten Karten.
Zusätzlich zu den eigentlichen VI. Öko-Marketingtagen auf Schloss Kirchberg/Jagst besteht die Möglichkeit, am 7. November am Vorprogramm „Zukunft der Bio-Fleischerzeugung“, mit Fokus auf ökologisch-tierschutzgerechte Schlachtung und Klimaresilienz entlang der Wertschöpfungskette bzw. klimafreundliche Fleischerzeugung teilzunehmen. Neu entwickelte Praxismodelle werden aufgezeigt, dazu Fachexkursionen und ein spannendes Abendprogramm. Eine weitere Exkursion zum Thema nachhaltige und klimaresiliente Fleischerzeugung schließt sich nach der Tagung, am 10. November für alle Interessierten an. Anmeldungen sind über www.akademie.schloss-kirchberg-jagst.de möglich.