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15.05.2025
500 Jahre Bauernkrieg:

„Verlangt das Volk nach Freiheit, so schlägt man es tot“

Standort: Kirchberg a.d. Jagst   Bereich: Veranstaltungen  

Bauernkrieg, Bauernaufstand oder Bauernrevolution? Um die Ereignisse vor 500 Jahren richtig einzuordnen, veranstaltete die Akademie Schloss Kirchberg/Jagst intensive Tage mit einem wissenschaftlichen Vortrag, einem packenden Singspiel und einer bedrückenden Exkursion.

Der Historiker Professor Dr. Gerhard Fritz gab zunächst einen kurzen Abriss über den Bauernkrieg: „90 Minuten sind dafür zu knapp“, sagte der Wissenschaftler von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. „Es gibt so viele Aspekte, dass ich eine Woche lang jeden Abend einen Vortrag halten könnte.“ Vor mehr als 60 Zuhörerinnen und Zuhörern führte er chronologisch durch die Geschichte. Einen einzigen Auslöser für die Proteste gab es nicht. Zum einen war es die jahrelange Ausbeutung der Bauern und Handwerker durch Fürsten und Klerus, gegen die sich das Volk auflehnte. Dazu gehörten Frondienste, Ernteabgaben und die gewaltsame Unterdrückung allgemeiner Wünsche und Bedürfnisse. Zum anderen ließen religiöse Schriften, unter anderem des Reformators Martin Luther („Von der Freiheit eines Christenmenschen“), die Menschen an der „gottgegebenen“ Gesellschaftsordnung zweifeln.

Im Juni 1524 kam es zu örtlich begrenzten Unruhen mit Plünderungen von Burgen und Klöstern durch die Bauern. Im Februar und März 1525 bildeten sich zunächst in Oberschwaben Bauernhaufen mit mehreren tausend Mann. „Zwei Drittel wollten eine Verbesserung ihrer Lage, ein Drittel den gewaltsamen Umsturz“, zitierte Professor Fritz eine damalige Umfrage. So formulierten sie die „Zwölf Artikel von Memmingen“, die als eine der ersten Erklärungen der allgemeinen Menschenrechte gelten. Sie forderten unter anderem die Abschaffung des Zehnten und der Leibeigenschaft. Die bisherigen lokalen Aufstände waren mangels eines gemeinsamen Vorgehens gescheitert. Die „Zwölf Artikel“ brachten die Wende. Weitere Aufständische in Württemberg, Hohenlohe, Franken, Thüringen, dem Elsass und der Schweiz schlossen sich zusammen und zogen für „Freyheyt und Brüderlichkeit“ in den Kampf.

Der Schwäbische Bund, der Zusammenschluss der schwäbischen Reichsstädte, hatte kein Interesse an einer Änderung der bisherigen Machtverteilung und schlug den Aufstand nieder. Am 4. April 1525 kam es bei Leipheim zu einer ersten großen Schlacht, bei der ein Bauernhaufen brutal niedergemetzelt wurde. Die meist nur mit Dreschflegeln und Mistgabeln bewaffneten Bauern waren den militärisch ausgebildeten und erfahrenen Landsknechten unter ihrem Anführer Truchsess Georg von Waldburg-Zeil („Bauernjörg“) hoffnungslos unterlegen, „sie waren in dieser Hinsicht Amateure“, resümierte Gerhard Fritz. Nach und nach wurden alle Haufen besiegt. Wie viele Menschen, meist Bauern, Handwerker und andere einfache Leute, dabei ums Leben kamen, ist heute schwer zu ermitteln, „da kam schnell mal eine Null dazu“, formulierte es der Referent. Die Forschung geht von 70.000 bis 75.000 Toten aus, was etwa drei Prozent der damaligen Bevölkerung entspricht.
Nach dem Aufstand kam es zu Hetzjagden, blutigen Ermittlungen mit Folter, Misshandlungen, Ausstechen von Augen, Abhacken von Fingern und zahlreichen Todesurteilen. Es gab kaum Verbesserungen für das Volk. Die Menschen mussten in Unterdrückung leben. Professor Dr. Gerhard Fritz betonte, dass dabei aber keine Duckmäuser entstanden sind: „In den folgenden Jahren bis zum Ende des alten Reiches konnten die Bauern in Gerichts- und Schiedsverfahren ihre Interessen durchsetzen.“ Rückblickend habe das „erstaunlich handlungsfähige Rechtssystem den Untertanen oft Recht gegeben“.

Bauernoper
Im Anschluss an die wissenschaftlichen Erkenntnisse konnten 170 Zuschauerinnen und Zuschauer in der „Bauernoper“ die Ereignisse noch einmal mit vielen Emotionen Revue passieren lassen. Der Kurator der Gedenkveranstaltungen der Akademie Schloss Kirchberg/Jagst zum Bauernkrieg, Dr. Rudolf Buntzel, hatte dafür ein oberschwäbisches Laienensemble zu einem Gastspiel ins Hohenlohische geholt. Der Gründer der Stiftung Haus der Bauern, Rudolf Bühler, freute sich, dass das Stück ausgerechnet im „Bauernschloss“ („das wir friedlich übernommen haben“) aufgeführt wurde und machte auf die bis heute unfaire Behandlung der Bauern aufmerksam. Catriona Blanke (Regie) und Elena Igel (musikalische Leitung) haben mit den Schauspielerinnen und Schauspielern die Ereignisse von 1525 in einem sehr eindrücklichen Singspiel verarbeitet. „Mir war besonders wichtig, dass die Darstellerinnen und Darsteller die Geschichte wirklich durch sich hindurchgehen lassen. Also nicht auf Distanz bleiben, sondern selbst mitfühlen“, erklärte die Regisseurin die Herangehensweise. Im Stück schildern die Bauern ihre Situation sehr plastisch und mit teilweise drastischen Worten, die ihnen der Autor Yaak Karsunke 1973 in den Mund gelegt hatte. Den Szenen wurden neutrale Beschreibungen der tatsächlichen rechtlichen oder sozialen Verhältnisse gegenübergestellt. „Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass es wie ein Gang durch ein lebendiges Museum ist“. Die Musik von Peter Janssens setzt zusätzliche bewegende Akzente. „Der Komponist hat immer versucht, das Publikum mit seiner Musik wachzurütteln“, beschrieb die musikalische Leiterin die Intention des Stücks. „Das ist ihm mit der Bauernoper hervorragend gelungen.“ Eingängige Melodien und Texte fassen die Handlung im Musicalstil zusammen und dramatisieren sie zusätzlich. Der Chor symbolisiert die Bauern und ihre Stimmung: „1525 ran, ran, ran.“

Am Ende des Stücks, als die Bauern besiegt und ihre Anführer geköpft sind, wird eine Lehre aus der Geschichte gezogen: „Verlangt das Volk nach Freiheit, so schlägt man es tot.“ Elena Igel sieht Parallelen zwischen damals und heute: „Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, was die derzeitige Politik und auch die Gesellschaft will, und dem, was die Gesellschaft der Landwirtschaft zur Verfügung stellt – an Wertschätzung und auch an finanziellen Mitteln.“ Sie könne verstehen, dass es den Bauern irgendwann zu viel werde und sie sich lautstark beschweren.

Den Abschluss des Bauernkriegswochenendes bildete eine Exkursion nach Königshofen im Taubertal zu dem Schlachtfeld, auf dem am 2. Juni 1525 der Bauernaufstand in Hohenlohe-Franken sein blutiges Ende fand.

Weitere Veranstaltungen zu 500 Jahre Bauernkrieg:

Bauernkrieg in Württemberg-Franken: Ereignisse, Deutungen, Vergleiche
Freitag, 27. Juni 2025, und Samstag, 28. Juni 2025: Wissenschaftliches Symposium in Schwäbisch Hall, Veranstalter: Historischer Verein Württemberg-Franken
Samstag, 28. Juni 2025, abends:
Konzert der Kubanischen Musikgruppe „Los Capitanes del Son“ im Schloss Kirchberg, Latino-Musik zum Tanzen
Sonntag, 29. Juni 2025: 
Kirchberger Fest im Schloss

World Organic Forum 2025
Die UN-Erklärung zu den Rechten der Bauern – Ihre Bedeutung und Umsetzung
Montag, 30. Juni 2025 bis Dienstag, 1. Juli 2025, Schloss Kirchberg

Bauernkrieg als historisches Ereignis – und was er uns heute zu sagen hat
Dienstag, 19. August 2025, bis Mittwoch, 20. August 2025, Tagung und Exkursion, Schloss Kirchberg und Bad Schussenried